Elektromagnetische Strahlung und Insektensterben

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Neben den weithin bekannten Ursachen vermutet Alfonso Balmori, der Autor der Studie „Electromagnetic radiation as an emerging driver factor for the decline of insects“, dass auch elektromagnetische Strahlung ein Faktor ist, der zum Insektensterben beiträgt.

Der aktuelle Rückgang der Insekten und die Ursachen für diesen Rückgang

Die Insekten schwinden weltweit, sowohl was ihre Artenvielfalt betrifft, als auch ihre Biomasse. Da die Ergiebigkeit von vielen Agrarprodukten direkt von der Bestäuberleistung abhängt, könnte das Insektensterben zu erheblichen finanziellen Einbußen in der Landwirtschaft führen. Singvögel, Fledermäuse, Amphibien und Reptilien sind auch betroffen, da Insekten ihre Nahrungsgrundlage darstellen. Das beobachtete Insektensterben wird vor allem auf die Intensivierung der Landwirtschaft und Verwendung von Pestiziden zurückgeführt. 40 % der Arten könnten in näherer Zukunft verloren gehen. Die Menge an Insekten hat in Europa schon um etwa 80 % abgenommen in den letzten 20 bis 30 Jahren.

Neben den weithin bekannten Ursachen vermutet Alfonso Balmori, der Autor der Studie „Electromagnetic radiation as an emerging driver factor for the decline of insects“, dass auch elektromagnetische Strahlung ein Faktor ist, der zum Insektensterben beiträgt. Es erhebt eine Auflistung von Labor- und Freilandexperimenten, die eine Schädlichkeit von künstlichen elektromagnetischen Feldern (EMF) bei Insekten nachweisen. Einige haben einen speziellem Fokus auf Bienenstudien und erwähnen zellbiologische Mechanismen der Einwirkung von EMFs.

Wissenschaftliche Beweise

Die aufgeführten Studien belegen, dass niederfrequente EMF von Hochspannungsleitungen, aber auch hochfrequente EMF von Handyantennen, zumindest in Laborexperimenten, deutliche Anzeichen von Schädlichkeit gezeigt haben. Insekten reagieren nachweislich auf (nicht-thermische) elektromagnetische Strahlung im Mikrowellenbereich, und dies wurde schon vor 50 Jahren beschrieben durch Carpenter & Livstone.

Gepulste Mikrowellenstrahlung von Handys oder WLAN stört die Entwicklung von Drosophila-Fruchtfliegen und führt zu verringerter Fruchtbarkeit und erhöhter Mutationsrate; diese Effekte sind von mehreren Forschergruppen belegt (Weisbrot, Panagopoulos, Atli). Die Störung der Orientierung, bzw. des Magnetsinns durch niederfrequente oder hochfrequente EMF ist bei Schaben, Ameisen und Bienen wiederholt belegt worden. Lupi et al. 2019 fand klare Unterschiede in Biomarkern (z.B. Acetylcholinesterase, Glutathion-S-Transferase) bei Bienen, die im Freiland in der Nähe einer Hochspannungsleitung gehalten wurden, im Vergleich zu Kontrollen mit und ohne Vorhandensein von Pestiziden.

Dies bestätigt die Forschungsergebnisse von Shepherd, der ähnliche Befunde mit im Labor simulierten Hochspannungsleitungen (sogenannte Helmholtzspulen) gemacht hat. Das Aufzeigen schädlicher Einflüsse von Hochspannung auf Bienen ist jedoch nicht neu. Greenberg und andere Forscher konnten dies schon vor 40 Jahren beweisen. Nur war damals noch nicht klar, welche biochemischen Prozesse hierbei ablaufen, bzw. gestört werden.

Quelle: ElektrosmogReport März 2021 | 27. Jahrgang, Nr. 1

Studiendesign und Durchführung

Manche Experimente an Fruchtfliegen und Bienen, die eine schädliche Wirkung elektromagnetischer Felder bezeugen, wurden von verschiedenen Forschergruppen vielfach wiederholt. Sie dürfen daher nicht mehr ignoriert werden. Es existiert dennoch ein dringender Bedarf an weiterer Forschung. Das gilt vor allem in puncto der Integration des Faktors EMF in die Insektenforschung allgemein. Übersichtstudien erwähnen das Thema oft nicht oder nur am Rande.

Balmori fordert als Konsequenzen, obschon der Nachweis erheblicher Toxizität “im Felde” bislang fehlt, müsse wegen der Dringlichkeit des Insektensterbens das Vorsorgeprinzip der EU Anwendung finden. Dies würde bedeuten, die aktuelle Lage des Ausmaßes EMF-bedingter Schäden zuerst gründlich zu erforschen. So kann man die Risiken genau einschätzen, bevor weitere “Elektrosmog”-verursachende Infrastrukturen (wie 5G-Antennen) entstehen.

Hier geht es zu Originalstudie bei Science direct

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