Haben Sie schon einmal einen Morgen erlebt, an dem Sie mit Schmerzen im Nacken aufgewacht sind? Grund könnte die Verbindung zwischen Faszien und dem Vagusnerv sein, meint Dr. Arielle Schwartz. Beide Elemente spielen eine entscheidende Rolle bei der körperlichen Erfahrung von Stress und der Bewältigung traumatischer Ereignisse.
Faszien: Die unsichtbaren Netzwerke im Körper
Faszien, auch als Bindegewebe bekannt, sind ein faseriges Netzwerk, das sich in jeden Teil unseres Körpers erstreckt. Es gibt verschiedene Arten von Faszien, von oberflächlichen Schichten direkt unter der Haut bis zu tieferen Schichten, die Knochen und Muskeln umhüllen. Gesunde Faszien ermöglichen es den umliegenden Geweben, reibungslos aneinander vorbeizugleiten.
Darüber hinaus sind Faszien in das endokrine System, das Nervensystem und das Immunsystem, eng integriert. Bewegungsmangel, emotionaler Stress, körperliche Verletzungen und alte Traumata können zu Verklebungen oder Verhärtungen der Faszien führen, was wiederum zu chronischen Schmerzen und anderen gesundheitlichen Problemen führen kann.
Der Vagusnerv als Dirigent des Nervensystems
Der Vagusnerv spielt eine Schlüsselrolle bei der Kommunikation von Veränderungen in den Faszien zum Gehirn. Er reguliert das autonome Nervensystem und wirkt als „Vagalbremse“, die uns in stressigen Situationen beruhigen kann. Der Vagusnerv beeinflusst auch das Verdauungssystem, da er Magen, Milz, Leber, Darm und Dickdarm innerviert.
Dieses komplexe Netzwerk wird oft als unser „zweites Gehirn“ bezeichnet, da es die gleichen Neurotransmitter wie das Gehirn produzieren kann. Die Qualität der Kommunikation zwischen unserem Verdauungssystem und dem Gehirn wird jedoch stark von den Faszien beeinflusst.
Unbewusste Wahrnehmung von Bedrohungen
Dr. Stephen Porges, Entwickler der Polyvagal-Theorie, prägte den Begriff „Neurozeption„, um den Prozess zu beschreiben, bei dem das autonome Nervensystem nach internen und externen Anzeichen von Bedrohung sucht und darauf reagiert. Sie können bewusste Neurozeption praktizieren, indem Sie auf die Signale Ihres Körpers achten, die Ihnen Rückmeldungen über den Zustand Ihres Nervensystems geben. Die bewusste Wahrnehmung Ihrer Körperempfindungen hilft Ihnen dabei, in einen optimalen Zustand der Nervensystemregulierung zu gelangen.
Die Kunst der Körperwahrnehmung
„Embodiment“ bezeichnet das bewusste Bewusstsein für Ihr inneres Selbst. Dieses Bewusstsein können Sie durch tiefes Atmen und Dehnen fördern. Es hilft Ihnen dabei, Veränderungen in Ihren Muskeln, Organen und Ihrer Herzfrequenz wahrzunehmen. Durch diese Art der Wahrnehmung können Sie erkennen, warum Sie sich auf eine bestimmte Weise fühlen. Körperliche Spannung in Muskeln und Bindegewebe ist eine Form des Schutzes, die als Erinnerung gespeichert wird und erst dann nachlässt, wenn Sie sich sicher fühlen.
Praktische Übung für Faszien und den Vagusnerv
Probieren Sie diese kurze Übung für Faszien und den Vagusnerv aus, um Spannungen im Zwerchfell, der Brust, dem Brustkorb und dem Kreuzbein abzubauen. Wiederholen Sie diese Übungen regelmäßig, um Ihre somatische Intelligenz aufzubauen und eine tiefere Verbindung zu Ihrem inneren Selbst herzustellen.
Faszinierende Entdeckungen über Faszien und den Vagusnerv
Die Erforschung der Verbindung zwischen Faszien und dem Vagusnerv hat zu aufregenden Erkenntnissen geführt. Zum Beispiel haben Studien gezeigt, dass das Bewegen und Atmen, um die Faszien zu stimulieren, dazu beitragen kann, die vagale Tonisierung zu verbessern. Eine gesteigerte vagale Tonisierung ist mit einem höheren Maß an Entspannung und Regeneration verbunden.
Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass das Bewusstsein für Faszien und die Aktivierung des Vagusnervs auch bei der Bewältigung von Traumata eine wichtige Rolle spielen können. Unverarbeitete Traumata können zu einer Anhäufung von Spannungen in den Faszien führen, was wiederum zu emotionalen und körperlichen Problemen führen kann. Die bewusste Wahrnehmung und Pflege dieser Bereiche kann Teil eines umfassenden Ansatzes zur Traumaheilung sein.
Die 8 C’s: Anzeichen für eine optimale Nervensystemregulierung
Es ist wichtig zu wissen, ob Sie sich in einem optimalen Zustand der Nervensystemregulierung befinden. Dr. Arielle Schwartz schlägt die „8 C’s“ vor, die darauf hindeuten, dass Sie sich in diesem Zustand befinden:
- Calm (Ruhe): Sie fühlen sich ruhig in Ihrem Körper und Geist.
- Connected (Verbundenheit): Sie sind mit sich selbst und anderen verbunden.
- Clarity (Klarheit): Sie sind im Klaren über Ihre Gedanken und Gefühle.
- Compassionate (Mitgefühl): Sie fühlen Mitgefühl für sich selbst und andere.
- Creative (Kreativität): Sie sind kreativ und spielerisch.
- Courageous (Mutig): Sie sind mutig und fühlen sich gestärkt.
- Curious (Neugierig): Sie sind neugierig auf Ihre inneren Erfahrungen und Bedürfnisse.
- Confident (Selbstsicher): Sie sind zuversichtlich, dass Sie in einer sinnvollen Weise handeln können.
Diese Anzeichen deuten darauf hin, dass Ihr Nervensystem in einem optimalen Gleichgewichtszustand ist und Sie in der Lage sind, Herausforderungen effektiv zu bewältigen.
Faszien und Vagusnerv als Schlüssel zur Selbstheilung
Die Verbindung zwischen Faszien und dem Vagusnerv ist faszinierend und bietet eine neue Perspektive auf die Bedeutung von Körperbewusstsein und Achtsamkeit. Indem wir uns unserer Faszien und unseres Vagusnervs bewusst sind und sie pflegen, können wir nicht nur schneller von Stress genesen, sondern auch unverarbeitete Traumata angehen. Die „8 C’s“ sind ein nützlicher Leitfaden, um festzustellen, ob wir uns in einem optimalen Zustand der Nervensystemregulierung befinden.
Denken Sie daran, dass dieser Prozess Zeit und Geduld erfordert, aber die Belohnungen in Form von besserer Gesundheit und Wohlbefinden sind es wert. Probieren Sie die vorgeschlagene Übung aus und beginnen Sie Ihre Reise zur Entdeckung der erstaunlichen Verbindung zwischen Ihren Faszien und Ihrem Vagusnerv.
Diesen Artikel haben wir übersetzt und zusammengefaßt vom Orginal „Fascia and the vagus nerve“ von Dr. Arielle Schwartz.
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