Der Ballengang – Gehen wie ein Tänzer
Dr. med. Hans-Peter Greb beschäftigt sich seit Mitte der 1970er Jahre mit den unterschiedlichen Gangarten – dem Fersengang und dem Ballengang – und ihrem Einfluss auf die Gesundheit. Er hat beobachtet, dass die übliche Gangart – der Fersengang – nicht nur unnatürlich ist, sondern regelrecht krank macht. Dr. Greb klärt daher in Vorträgen und in seinen Büchern darüber auf, dass das weithin gepredigte und ja auch überall praktizierte „anständige Abrollen“ äußerst ungesund ist und Beschwerden aller Art begünstigen kann – angefangen bei Gelenkerkrankungen, über Lernschwächen bis hin zu Atemwegsbeschwerden und Allergien.
„Anständiges Abrollen“ heißt: Man geht so, dass die Ferse zuerst den Boden berührt und erst dann der Ballen – ganz so, wie man es beim Militär tun muss. Wir marschieren also durchs Leben wie die Soldaten, die nichts anderes tun, als Befehlen zu gehorchen. Der Ballengang hingegen ist die uns eigentlich angeborene Gangart. Die Gangart, die wir in den ersten Jahren unseres Lebens praktizierten, dann aber wieder verlernt haben. Es ist die Gangart eines Tänzers, der auf dem Vorfuß, also dem Ballen übers Parkett schwebt.
Der Ballengang macht glücklich
Wir würden also normalerweise nicht von A nach B marschieren, sondern durchs Leben tanzen. Was für eine Vorstellung! Denn Tanzen bedeutet Übermut, Leichtigkeit und Freude. Und tatsächlich: Der Ballengang macht glücklich! Dr. Greb berichtet in einem seiner Vorträge von einer amerikanischen Studie mit schwer depressiven Menschen. Man ließ sie fünf Mal täglich in den fünften Stock laufen. Nach einiger Zeit war die Depression wie weggeblasen.
Natürlich glaubte man an den Einfluss der Bewegung, die sicherlich auch an der Aufheiterung beteiligt war. Vielleicht aber war es insbesondere die Art der Bewegung, die Art des Ganges. Denn Treppen steigt man – wie Sie inzwischen wissen – im Ballengang. Und man kann nicht täglich federnd wie ein Tänzer gehen, ohne dass sich nicht auch das Gemüt von der Leichtigkeit und Freude des Ballenganges anstecken ließe.
Der Fersengang hingegen signalisiert Ablehnung. Würden Sie jemandem zum Gruß die Hand in derselben Art reichen, wie Sie auf Menschen im Fersengang zugehen, dann wäre die Hand erhoben, als wollten Sie „Halt, nicht weiter!“ sagen. Kein Wunder sind so viele Menschen verschlossen, abweisend, wollen weder sich selbst noch das Leben spüren. Der Ballengang könnte vieles ändern, zu mehr Bewusstsein, mehr Mitgefühl und mehr Offenheit führen. Es würde uns zu jenen Menschen machen, die wir vielleicht noch kurz nach unserer Geburt waren. Denn auch da wollten wir voller Zuversicht und Neugier die Welt im Ballengang erobern – bis wir wie marionettenhafte Soldaten zum Fersengang abkommandiert wurden.
Der Ballengang – Die Praxis
Im Grunde ist der Ballengang sehr einfach. Denn wir würden automatisch im Ballengang gehen, wenn wir beim Gehen zur Abwechslung einmal nichts tun würden. Dann hinge der Fuß bei jedem Schritt nach unten und der Ballen würde automatisch als erster den Boden berühren. Der Fersengang aber erfordert Anstrengung. Bei jedem Schritt muss man den Vorfuß anheben, um die Hacke zuerst aufsetzen zu können.
Und das geht so: Bei jedem Schritt lassen Sie den Vorfß entspannt nach unten zeigen. Kommen Sie mit dem äußeren Vorfuß zuerst auf, fast zeitgleich mit dem Ballen und erst dann mit der Ferse.
Der Ballengang – Schwieriger als gedacht?
Nun könnte es sein, dass Sie den Ballengang barfuß im Wohnzimmer total einfach finden und fröhlich damit auf und ab gehen. Dann ziehen Sie sich Ihre Schuhe an, verlassen das Haus und gehen einkaufen. In der Stadt hasten Sie von der Bank zum Supermarkt und vom Supermarkt zum Bäcker, dann weiter zum Gemüsehändler und stellen plötzlich fest: Huch, ich gehe ja gar nicht mehr im Ballengang!
Das hat mindestens drei Gründe und geht mit Sicherheit jedem Ballengang-Anfänger so:
- Gewohnheit: Die Gangart ist – wie so vieles – reine Gewohnheit. Sie gingen jetzt viele Jahre, ja Jahrzehnte im Fersengang. Es dauert seine Zeit, bis der Ballengang zur neuen Gewohnheit wird und Ihnen in Fleisch und Blut übergeht. Übung macht auch hier den Meister!
- Tempo: Ihr Tempo macht den Ballengang fast unmöglich. Die typische Geh-Geschwindigkeit in der Alltagshetze ist eine sehr unnatürliche Geschwindigkeit. Doch gehen wir sehr oft mit diesem Tempo. Es ist eine Art schnelles Gehen mit Riesenschritten. Wir hetzen damit zur U-Bahn, zum nächsten Termin etc. Aus der Sicht eines Naturmenschen ist dieses Tempo sehr ungewöhnlich. Er würde sich wundern, warum wir denn – wenn wir es schon so furchtbar eilig haben – nicht einfach loslaufen. Das aber lässt die Etikette bei uns nicht zu. Wie sähe es denn aus, wenn wir morgens im Anzug und mit Aktentasche bewaffnet zum Bus joggen oder zwischen Apotheke und Supermarkt plötzlich in den Laufschritt fallen. Ja, in manchen Situationen ist das Traben gar nicht gestattet – wie Dirk Beckmann in seinem empfehlenswerten Büchlein „Einfach Ballengang – natürliches Gehen“ beschreibt. So haben es beispielsweise Ärzte und Krankenschwestern manchmal sehr eilig. Auf den Krankenhausfluren aber ist der Laufschritt nicht erlaubt. Es könnte den Eindruck erwecken, das Personal sei im Stress oder es gehe ständig um Leben oder Tod. Also hetzen Ärzte & Co. im unnatürlichen Zwischentempo durchs Gebäude. Schnelles Gehen aber lässt sich nur schwer mit dem Ballengang kombinieren. Beim langsamen Gehen und in kleineren Schritten oder auch beim Joggen ist der Ballengang jedoch überhaupt kein Problem.
- Schuhe: Nicht selten verleitet uns aber auch unser Schuhwerk zum unnatürlichen Umherhetzen. Trügen wir andere Schuhe – Barfuß-Schuhe – dann würde das Umherhetzen schnell weh tun und wir würden uns wieder auf das richtige Tempo und den richtigen Gang – den Ballengang – besinnen. Ihre Schuhe sind somit der dritte Grund, der den Ballengang schwierig machen könnte.
Aber Achtung: Der Ballengang erfordert Muskelarbeit. Wer jahrelang im Fersengang unterwegs war, hat diese Muskeln nicht in der für den Ballengang notwendigen Ausprägung. Daher ist nach den ersten Tagen im Ballengang deutlicher Muskelkater zu spüren. Es können sich auch andere Beschwerden entwickeln, die jedoch nach der Umstellungsphase und nach Entwicklung der richtigen Muskulatur wieder verschwinden. Lassen Sie sich daher durch den ersten Muskelkater nicht wieder zurück in den Fersengang treiben! Bleiben Sie am Ball, oder besser am Ballen!
Quelle: Es handelt sich bei diesem Blogbeitrag um einen Auszug aus einem Artikel, erschienen beim Zentrum der Gesundheit. Lesen Sie hier den ganzen Artikel. Autor: Carina Rehberg