Trinken ist gesund – aber wie viel?

Seit Jahren haben Sie gehört, wie wichtig es ist, ausreichend Wasser beziehungsweise Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Aber was bedeutet ausreichend?

Kein Limit nach oben?

In den vergangenen Jahrzehnten hat sich ein breiter Konsens darüber etabliert, dass es eigentlich kein Limit nach oben gibt, wie viel man trinken sollte. Daraus ergeben sich gut gemeinte Ratschläge, die aber weder durch Erfahrungen noch durch irgendwelche Studien und schon gar nicht durch gesundheitlichen Gewinn gedeckt sind. So höre ich immer wieder, man sollte so viel wie möglich trinken, auch wenn man keinen Durst hat.

Beim Durst wäre man schon in einer Notsituation – so postulieren diese Menschen –, die es zu vermeiden gilt. Nun gibt es durchaus Menschen, die mit ihrem Körper so wenig in Kontakt sind und von dessen Bedürfnissen so abgeschnitten sind, dass sie die Signale überhören. Sie merken erst beim Trinken, wie durstig sie schon vorher waren. Für diese Menschen ist es durchaus angezeigt, öfter mal einen Tee oder ein anderes Getränk in die Hand zu nehmen, um überhaupt zu merken, ob sie durstig sind. Für viele andere ist dies aber nicht der Fall. Wer nicht durstig ist, sollte auch nicht trinken!

Nur trinken bei Durst

Kein Tier trinkt, wenn es nicht durstig ist. Das ist ähnlich wie beim Essen. Wenn der Körper nicht danach verlangt, sollten Sie weder essen noch trinken! Ihr Körper sollte die einzige Instanz sein, die darüber entscheidet, wann Sie essen und wann Sie trinken. Davon sind die meisten von uns weit entfernt. Beim Thema Essen ist das für viele Menschen bereits einleuchtend, auch wenn sie nicht nach ihrer Einsicht und ihrem Wissen handeln. Aber beim Trinken hat sich ein Standpunkt etabliert, der weit weg ist von natürlichem und damit gesundem Verhalten. Kennen Sie irgendwelche Tiere, die alle halbe Stunde zur Wasserstelle laufen müssen, weil ihr Maul trocken ist? Ich kenne viele Menschen, die fast schon in Panik geraten, wenn sie keine Wasserflasche dabei haben und alle naselang etwas trinken können.

Abhängig von der Konstitution

Das individuelle Trinkverhalten ist von verschiedenen Faktoren abhängig: Einmal ist es die Konstitution, die uns Menschen durchaus unterscheidet. Die wärmeren Yang-Konstitutionen, die bewegungsfreudiger und wärmer sind, manchmal mit schnell aufbrausendem Gemüt, brauchen durch den Flüssigkeitsverlust einer eher hitzigen Konstitution auch entsprechend mehr Flüssigkeit. Sie haben mehr Bedürfnis nach Getränken und brauchen das auch.

Die kühleren Yin- Konstitutionen haben dagegen kein Bedürfnis nach Getränken und brauchen das auch nicht beziehungsweise nur sehr wenig. Wer hier mit einem »Viel trinken ist immer gut«-Konzept alle über einen Kamm schert, kann viel Schaden anrichten. Selbstverständlich spielen auch das Klima, die Arbeit, das Alter und die Nahrungsaufnahme eine große Rolle für das Bedürfnis nach Flüssigkeitsaufnahme. Hören Sie auf Ihren Durst, wie Sie auch auf Ihren Hunger achten sollten!

Farbe des Urins als Indikator

Ein Indikator für ausreichende Flüssigkeit ist die Konzentration und Farbe Ihres Urins. Der Urin sollte gelblich sein und damit in einer mittleren Konzentration liegen. Damit setzt sich diese natürliche und damit gesunde gelbliche Farbe des Urins ab von einer zu hohen Konzentration und damit einer intensiv gelben Verfärbung des Harns, der dann wie Bier aussehen kann. Die gesunde Farbe unterscheidet sich aber auch von dem fast farblosen Aussehen eines verwässerten Urins.

Leider ist dieser blasse Urin das erklärte Ziel vieler Wasserfanatiker, die glauben, dies sei gesund. Wie so oft ist es der gesunde Mittelweg, den man anhand der Harnfarbe, der Körpertemperatur und der Häufigkeit des Harndrangs sowie der imperativen Dringlichkeit des Wasserlassens einschätzen kann. An sich ist oft schon unser Durstgefühl ein guter Hinweis. Dieses Durstgefühl kann sich aber durch die Aufnahme von stark gewürzten und gesalzenen Speisen, Fertigprodukten, die ja meistens auch stark gezuckert und gesalzen sind, sowie Nikotin, Alkohol und anderen Toxinen und Medikamenten so verändern, dass es nicht mehr den wirklichen Bedarf anzeigt.

In Ausnahmefällen darf natürlich »auf Vorrat« getrunken werden, wenn zum Beispiel eine größere Anstrengung oder eine sportliche Betätigung ansteht oder wenn man starker Hitze ausgesetzt ist oder sein wird. Auch Tiere in der Wüste machen das: Wenn sie an einer Wasserstelle angekommen sind, trinken sie viel und auf Vorrat.

Im Normalfall aber gilt: Wenn es Ihnen kalt ist, wenn Sie kalte Hände und Füße haben, wenn Ihr Urin die Farbe von Wasser annimmt, wenn Sie alle naselang auf die Toilette rennen, dann sollten Sie mehr essen und weniger trinken.

Je mehr Wasser, um so kälter der Körper

Viele Menschen haben sich von der Propaganda des Wassertrinkens anstecken lassen. Diese besagt als Grundregel in etwa: Je mehr man trinkt, umso besser. Hier möchte ich ganz klar und deutlich Stellung beziehen: Je mehr Flüssigkeit wir aufnehmen und im Körper speichern, umso kälter werden wir. Auch warme Tees wirken nach einer anfänglichen Erwärmung abkühlend wie die kalten Getränke.

Eine Untertemperatur aber trägt dazu bei, dass wir in einem sympathikotonen Zustand leben, das heißt, wir sind angespannt und gestresst. Dieser Stresszustand verhindert Entsäuerung und Entgiftung. Das genau wollen aber die meisten Menschen erreichen, die extra große Mengen an Wasser trinken. Sie wollen entgiften, entsäuern und die »Nieren durchspülen«. Nichts könnte weiter weg sein von der Wahrheit. Je mehr Wasser und Flüssigkeit wir zu uns nehmen, umso mehr müssen die Nieren arbeiten.

Geschwächte Nieren mit Arbeit zu überhäufen ist keine gute Idee!

Trockenfasten

Das Gegenteil kann der Fall sein: Ich mache in meiner Praxis beste Erfahrungen mit dem sogenannten Trockenfasten, einer Nahrungs- und Flüssigkeitenkarenz von 8‒36 Stunden. Man kann von so einem Fasten Folgendes erwarten:

  • Es reduziert die feindlichen Bakterien im Darm.
  • Es stärkt die freundlichen Bakterien im Darm.
  • Damit verschiebt sich die Balance in der Zusammensetzung der Darmflora zugunsten der »guten« Bakterien.
  • Das wiederum stärkt das Immunsystem, das im Darm sitzt, festigt und stärkt den Magen-Darm-Trakt und macht diese Organe flexibler.
  • Wenn diese Organe kleiner und fester sind, verbessern sich auch die Lunge, die Bronchien und damit die Atmung. Diese Organe haben den gleichen entwicklungsgeschichtlichen Ursprung wie der Darm (das gleiche Keimblatt).
  • Dadurch wiederum verbessern sich die Blutzirkulation, das Herz und in der Folge Blutdruck und Herzschlag beziehungsweise der Puls.
  • Die übrigen Körperflüssigkeiten (Blut, Speichel, Urin, Tränenflüssigkeit) entgiften, entsäuern und bewegen sich in Richtung »alkalisch«. Letztlich werden die Gedanken dadurch klar, und
    die Nerven beruhigen sich.
  • Die Entgiftungs- und Ausscheidungsorgane Leber und Nieren werden entlastet und erholen sich.
  • Die Gelüste und das Suchtverhalten auf Nahrung und Getränke gehen zurück. Dieser gesamte Vorgang der Regeneration entsteht aufgrund einer wiederhergestellten Darmflora.

Man sieht also, dass die Nieren durch den Prozess des Trockenfastens profitieren und nicht durch das »Durchspülen« der Nieren mit viel Wasser. Außerdem erhöht sich die Körpertemperatur durch wiederholtes Trockenfasten.

Mineralien gegen Kälte

Wem kalt ist, der sollte mehr mineralstoffreiche Kost mit salzigem Geschmack zu sich nehmen – und wenig trinken. Wenn ich hier von Salz spreche, meine ich natürlich Meersalz, Steinsalz und Himalayasalz. Alles andere verdient die Bezeichnung Salz nicht. Tafelsalz und Speisesalz sind ein mit Giftstoffen angereicherter Chemieabfall, der nicht in die Nahrung und auf den Tisch gehört!

Wenn Ihnen heiß ist, speziell an den Händen und Füßen, und Ihr Urin dunkelgelb und konzentriert ist und stark sauer oder irgendwie unangenehm und toxisch riecht, dann ist es Zeit, mehr zu trinken, bevorzugt aber warmes Wasser oder warme Tees. Damit gehen Sie sicher, dass Sie im Parasympathikus bleiben und im entspannten Zustand mehr Wasser und die darin gelösten Substanzen und Toxine ausscheiden.

Gesundheitstipp Nr. 1:

Beobachten Sie mal am eigenen Körper, wie unterschiedlich sich Ihre Körpertemperatur anfühlt, wenn Sie morgens ein paar Tassen Tee mit einer Schale Müsli, gekochten Haferflocken und Milch frühstücken, vielleicht noch mit einem Glas Orangensaft oder einer halben Melone. Im Unterschied dazu werden Sie ein Bauernomelette mit Bratkartoffeln oder ein paar Spiegeleier mit Speck erwärmen. Messen Sie Ihre Körpertemperatur 1 Stunde und 2 Stunden nach dem Frühstück. Einfacher noch ist es, Sie nehmen wahr, wie kalt oder warm Ihre Hände und Füße sind.

Gesundheitstipp Nr. 2:

Sie sollten aus diesem Kapitel mitnehmen, wie wichtig es ist, nicht mehr zu trinken, als es für Sie gut ist. Ein Indikator neben Ihrem Durstgefühl ist Ihre Körpertemperatur, die Farbe des Urins und die Häufigkeit sowie die Dringlichkeit des Wasserlassens. Je nach Konstitution, Stoffwechsel, Ernährung und Tätigkeit kann die Trinkmenge zwischen 800 Millilitern und 3 Litern liegen. Lassen Sie sich also nichts einreden und beobachten Sie sich selbst.

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Uwe Karstädt Administrator

Ich erlebe es tagtäglich an meinen Patienten: Gesundheit heißt im Einklang sein mit ihrem gesamten Organismus und der Welt um sie herum. Sie sind für ein gesundes Leben bestens ausgerüstet. Denn:
Gesundheit ist das natürlichste auf dieser Welt.

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