5G aus baubiologischer Sicht
5G ist in aller Munde und hat die Elektrosmog-Diskussion, also die Sorge vor Belastungen durch elektromagnetische Felder und Wellen, neu entfacht. Insbesondere die Industrie, aber auch viele Menschen wollen schnellere und leistungsfähigere Datennetze. Andere sehen Risiken bei Strahlung und Datenschutz. Wie nun kann aus baubiologischer Sicht argumentiert werden? Was wissen wir bislang? Womit müssen wir in Zukunft bei der Entwicklung der uns umgebenden „Funklandschaft“ rechnen?
Lesen Sie im Folgenden Auszüge aus einem Beitrag im Baubiologie-Magazin von Dr. Manfred Mierau. Er ist Diplom-Biologe und arbeitet als Sachverständiger für Baubiologie in Aachen.
Neue Bandbreiten, Frequenzen und Pulsungen
Technisch ist vieles neu bei 5G. Neben der schon erwähnten extremschnellen Datenübertragung gibt es hohe Datenübertragungsraten (bis zu 10 Gigabit pro Sekunde, zehnfach mehr als bei LTE), wozu größere Bandbreiten der elektromagnetischen Signale nötig sind. Erste Messungen an den bislang installierten 5G-Sendeanlagen z.B. in Düsseldorf, Köln oder Darmstadt ließen die 50 oder 100 Megahertz breiten ‚Frequenzberge‘ erkennen.
Bei den für 5G verwendeten Frequenzen gibt es zunächst nur geringe Änderungen gegenüber den bislang verwendeten: Waren es bei 2G, 3G und 4G vor allem um 0,8 Gigahertz (GHz), 0,9 GHz, 1,8 GHz, 2,1 GHz und 2,6 GHz sowie bei den innerhalb von Häusern gebräuchlichen Funkdiensten WLAN (Lokale Netzwerke) und DECT (Schnurlostelefone) 1,9 GHz, 2,4 GHz und 5,2-5,7 GHz, sind es bei 5G zu Beginn wohl vor allem 3,4-3,7 GHz, ab dem Jahr 2021 auch 2,1 GHz. Die Nutzung dieser Frequenzen haben sich bei einer Versteigerung im Frühjahr (Erlös ca. 6,6 Milliarden Euro) vier Telekommunikationsanbieter gesichert, neben den bislang in Deutschland schon tätigen Unternehmen Telekom, Vodafone und Telefonica neu auch 1&1 Drillich.
Die in der Öffentlichkeit oft angeführten deutlich höheren Frequenzen um 24-28 GHz, 32-33 GHz oder noch mehr werden wohl erst in einigen Jahren zur Anwendung kommen.
Neue Antennen und Zellengrößen
Wichtig bei der Betrachtung und Bewertung von 5G sind die dort neu zum Einsatz kommenden Antennen. Diese werden als ‚intelligent‘ bezeichnet, vor allem wegen ihrer Eigenschaft, die abgestrahlten Funkwellen bündeln zu können (so genanntes Beamforming), so dass nicht mehr alles wahllos in der gesamten Umgebung verteilt, sondern zumindest ein großer Teil der Strahlung recht gezielt zum Nutzer (dem Handytelefonierer bzw. der datenübertragenden Person) gerichtet wird. Dies führt zu höheren möglichen Abstrahlungen in diese Richtungen und damit zur Berechnung größerer Sicherheitsabstände bei den Sendeanlagen; waren es bei den bisherigen Mobilfunksendern typischerweise 3-9 Meter, sind es nun, wie man den Standortbescheinigungen der Bundesnetzagentur (https://emf3.bundesnetzagentur.de) entnehmen kann, eher um 15-20 m.
Neu ist auch der geplante deutlich häufigere Einsatz so genannter Small Cells mit Reichweiten nur bis zu etwa 200 Metern, installiertz.B.an Laternen, Ampeln, Litfaß-, Park- und Telefonsäulen, Trafokästen, Mülleimern oder Hausfassaden, auch innerhalb von Gebäuden. Die Sendeleistungen sind hier zwar schwächer, aber Menschen werden sich näher an den (kleinen und kaum sichtbaren) Sendeantennen befinden, zudem benötigen die Mobilfunkanbieter für diese Anlagen (wegen Leistungen unter 10 W) keine Standortbescheinigungen der Bundesnetzagentur, da hier die Grenzwerte der 26. Bundesimmissionsschutzverordnung nicht gelten (die Anlagen werden der Bundesnetzagentur aber wohl zumindest angezeigt werden).
Gesundheitliche Risiken
Es gibt noch kaum Forschungsergebnisse zu speziellen Risiken durch die bei 5G verwendeten Funkwellen. Schon im Jahr 2017 haben aber mehr als 180 Wissenschaftler und Ärzte aus 36 Ländern einen Appell unterzeichnet. Darin wird vor potenziell schweren gesundheitlichen Auswirkungen der 5G-Mobilfunktechnologie gewarnt und ein Moratorium mit aufschiebender Wirkung zum Ausbau der fünften Generation für Telekommunikation empfohlen, bis potenzielle Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt vollständig durch industrieunabhängige Wissenschaftler erforscht worden sind. Es sei erwiesen, dass hochfrequente elektromagnetische Felder für Menschen und die Umwelt schädlich sind. 5G werde die Exposition gegenüber elektromagnetischen Feldern im Hochfrequenzbereich stark erhöhen, indem es zu GSM, UMTS, LTE, WLAN… hinzukomme.
Es ist für niedrige Frequenzen um 0,8 / 2 / 3,5 GHz wegen ähnlicher Modulationen und/oder Pulsungen wohl von ähnlichen Risiken wie bei LTE und GSM auszugehen. Falls es sich bestätigt, dass der oben erläuterte 50 Hz-Puls immer vorhanden ist, könnten noch kritischere Effekte auftreten.
Für hohe Frequenzen über 20 GHz ist noch sehr wenig bekannt bzw. erforscht. Solche Funkwellen dringen wegen ihrer kurzen Wellenlängen kaum in den Körper ein, werden schon an der Körperoberfläche absorbiert. Erste Studien deuten auf gesundheitliche Auswirkungen vor allem auf Augen, Haut und Schweißdrüsen hin, eventuell auch auf EKG-Effekte.
Die offizielle Haltung des Bundesamtes für Strahlenschutz ist einstweilen, dass die Entwicklungen zwar beobachtet werden sollen, die Einhaltung der Grenzwerte der 26. Bundesimmissionsschutzverordnung aber ausreicht.
Wird es durch 5G mehr Strahlung bzw. Belastungen geben?
Hier ist nach aktuellem Wissensstand kein eindeutiges Ja oder Nein möglich. Wegen höherer übertragener Datenmengen wird in Summe sicherlich mehr gesendet werden, auch wird es mehr Sendeanlagen geben und kleinere Zellen, an denen Personen sich näher aufhalten können (so dass dort trotz geringerer Leistung der Sender höhere Belastungen möglich sind). Wegen der Bündelung der Strahlung (Beamforming) könnte es aber in einigen – oder sogar vielen? – Fällen dort, wo kein 5G genutzt wird, sogar weniger Strahlung als bisher bei LTE usw. geben.
Hinzu kommt, dass höhere Frequenzen um 3,5 GHz durch die Baumasse von Gebäuden in aller Regel stärker als 2 GHz oder gar 1 GHz abgedämpft werden, somit drinnen geringere Strahlungswerte auftreten könnten.
Eine gewisse Strahlungsreduzierung ergibt sich durch die anstehende Abschaltung der UMTS-Mobilfunknetze. So wird diese spezielle Funkart mit ihren Pulsungen und Risiken verschwinden, die Frequenzen werden allerdings 5G zugeschlagen und somit als Belastungen erhalten bleiben.
Wesentlich kann in Zukunft sein, dass in Gebäuden vermutlich viele neue mit 5G arbeitende Geräte eingesetzt werden, die dort zu mehr Strahlung führen können. Hier wird im Einzelfall zu überprüfen sein, wie stark, wann, wie oft und wohin gesendet wird.
Vorsicht ist geboten bei den später wohl zum Einsatz kommenden höheren Frequenzen. Dort gibt es wie bereits erläutert, vermutlich andere oder zusätzliche Risiken gegenüber den jetzt verwendeten.
Ob an 5G-Smartphones mehr Strahlung auftritt als bisher an Geräten im 2G-, 3G- oder 4G-Modus, ist abzuwarten, ist aktuell noch nicht bekannt bzw. ist von uns noch nicht gemessen worden (bezüglich Intensität wird es vermutlich ähnlich wie bisher sein).
Resümee
Vieles wissen wir bei 5G noch nicht, aber sicher genug, um Vorsicht walten zu lassen und sich vorsorglich möglichst wenig 5G-Strahlung auszusetzen. Sicher wird durch 5G mehr Kontakt mit Funk in diversen Lebenslagen, im Beruf, in der Öffentlichkeit oder auch in den eigenen vier Wänden gegeben sein. Eventuell wird es wie geschildert aber auch Strahlungsverminderungen gegenüber der jetzigen Mobilfunksituation geben. Wie und wo im Einzelnen Belastungen auftreten, muss (ggf. messtechnisch) überprüft werden.
Nach wie vor bleibt baubiologisches Hauptziel, auch bezüglich 5G, die Schlafplätze von Menschen so frei wie möglich von Funkeinflüssen zu halten – bei hausinternen Sendern durch Vermeiden, Abschalten oder Abstand, bei Einstrahlungen von außen durch Abschirmmaßnahmen.
Lesen Sie hier den gesamten Artikel: https://baubiologie-magazin.de/5g-aus-baubiologischer-sicht/