Vertrauen als hilfreiche Tugend

Vertrauen ist ein Wort, das wichtig ist und viele verschiedene Bedeutungen hat. Was ist Vertrauen, wie kannst du Vertrauen entwickeln? Hast du Gottesvertrauen oder eher Schicksalsvertrauen? Es gibt verschiedene Formen von Vertrauen. Vertrauen ist ein Wort, das wichtig ist und viele verschiedene Bedeutungen hat. Und gerade in der aktuellen Situation kann Vertrauen helfen.

Dieser Artikel ist erschienen im Yoga Vidya Journal Nr. 41, geschrieben von Sukadev Bretz, Gründer und spiritueller Leiter von Yoga Vidya.

„Ich halte Gottvertrauen, das tiefe Vertrauen, dass hinter allem eine höhere göttliche Kraft steckt, für besonders wichtig. Diese Art von Vertrauen bedeutet natürlich auch, dass du lernen kannst hinter allem was kommt, auch wenn du nicht alles verstehen kannst, eine höhere Kraft zu fühlen, der du Vertrauen schenken kannst. Hast du Gottesvertrauen oder eher Schicksalsvertrauen?

Schicksalsvertrauen

Was ist unter Schicksalsvertrauen zu verstehen? Schicksalsvertrauen bedeutet, dass das, was geschieht, etwas ist, woran du wachsen kannst. Dinge gehen schief, zweifelsohne. Was du aufgebaut hast, wird irgendwann kaputtgehen können. Dein gesunder Körper kann irgendwann krank werden, Unfälle geschehen, Menschen betrügen dich, all das passiert.

Eine Art Schicksalsvertrauen würde heißen, dass du an allem wachsen kannst. Wenn Dinge schwierig sind oder wenn Herausforderungen kommen, wenn du enttäuscht bist, irgendwie wirst du daran wachsen. Diese Art von Schicksalsvertrauen ist etwas sehr Hilfreiches. Es ist ein dynamisches Vertrauen, nicht ein Vertrauen, dass Dinge so ausgehen, wie du es gerne hättest. Sondern dass die Dinge so ausgehen, wie es für deine persönliche und spirituelle Entwicklung hilfreich ist.

Vertrauen in andere Menschen

Vertrauen in andere Menschen ist die nächste Art von Vertrauen. Du brauchst ein gewisses Vertrauen, um mit anderen Menschen überhaupt umgehen zu können. Du hast Vertrauen z.B. in deinen Partner, du hast ein gewisses Vertrauen in deinen Chef, in deine Kollegen, in deine Kunden. Ohne Vertrauen ginge kaum etwas, aber das ist erstmal ein, man kann sagen, praktisches Vertrauen.

Man sagt ja auch: „Trau, schau, wem!“ Also, wenn du Vertrauen übst, wird nicht jeder dem Vertrauen gerecht werden. Diese Art von Vertrauen wird öfters enttäuscht. Dennoch kannst du davon ausgehen, dass in neunzig Prozent der Fälle die Menschen deinem Vertrauen gerecht werden, vielleicht sogar in fünfundneunzig oder achtundneunzig Prozent der Fälle. Man darf nicht die ein, zwei oder fünf Prozent der Vertrauensmissbräuche zum allgemeinen Misstrauen werden lassen.

Aber ich will dieses Vertrauen in andere Menschen noch auf eine tiefere Ebene holen. Vertrauen in andere Menschen heißt auch, das tiefe Vertrauen, dass du in der Tiefe mit anderen Menschen verbunden bist. Im Yoga sagen wir, wir sind alle eins: „Die Tiefe meiner Seele ist eins mit der Seele der anderen. Und wir sind alle eins mit der Weltenseele. Wir sind nicht so unterschiedlich, wie man das denkt.“ Und selbst wenn der andere komische Dinge tut, vertrauen wir darauf, dass wir tief im Inneren verbunden sind. Alles ist letztlich kosmisches Lila, kosmisches Spiel. Wir vertrauen auch darauf, dass der andere es irgendwie gut meint.

Der andere mag irregeführt sein. Der andere mag aus Verletzungen oder Kränkungen heraus handeln. Er mag auf die schiefe Bahn gekommen sein. Aber wir haben trotzdem ein tiefes Vertrauen, dass der Mensch tief im Inneren gut ist.

Selbstvertrauen

Dann gibt es noch eine letzte Art von Vertrauen. Das ist das Vertrauen zu sich selbst, also Selbstvertrauen. „Was auch immer äußerlich geschieht, ich bin das unsterbliche Selbst. Der Körper mag krank werden, die Psyche mag durch Krisen hindurchgehen. Aber ich selbst bin reines Bewusstsein. Ich selbst bin die unsterbliche Seele.“ Wenn du dieser Frage nachgehst, kommst du vom: „Wer bin ich?“, zum Vertrauen: „Ich bin das unsterbliche Selbst“.

Und dann kommt noch eine andere Art von Selbstvertrauen hinzu: „Ich habe alle Kräfte und Fähigkeiten, die nötig sind, die Aufgaben anzugehen, die mir das Leben schenkt.“ Das wäre die höchste Art von Selbstvertrauen. Vielleicht kannst du diese Art von Selbstvertrauen haben, vielleicht auch nicht, aber vielleicht magst du darüber nachdenken. Selbstvertrauen heißt auch: „Was auch immer kommt, ich habe die richtigen Kräfte dafür. Selbst wenn Dinge schiefgehen, ich wachse daran.“

Vertrauen und Burnout

Das sind viele Formen von Vertrauen, und es gibt noch sehr viel mehr. Man hat empirisch zeigen können, dass Menschen, die ins Burnout geraten, verschiedene Gemeinsamkeiten haben. Wer eine Neigung hat zu Burnout oder ins Burnout gerät, ist oft jemand, der ein hohes Verantwortungsgefühl hat, eine hohe Leistungsbereitschaft und einen hohen Anspruch, oft mit starkem inneren Antreiber und Perfektionsanspruch. Er will Gutes bewirken. Er fordert sich bis zum Limit. Und dann könnte ein Erlebnis, das als Vertrauensbruch gedeutet wird, hinzukommen. Wenn ein Vertrauensbruch kommt, dann kann die mühsam zusammengehaltene Kombination aus hohem Anspruch und intensivem Engagement in Überforderung münden. 

Manchmal hilft es, zu überlegen: „Wann ist es passiert? Wann ist ein solcher Vertrauensbruch geschehen?“ Vielleicht kannst du diese äußere Art von Vertrauensbruch wieder umwandeln in ein tiefes Vertrauen. Selbst wenn auf einer äußeren Weise ein Mensch dein Vertrauen missbraucht hat, kannst du trotzdem in der Tiefe mit ihm oder ihr verbunden sein. Du kannst darin eine Lernaufgabe sehen, auch darin hat das Schicksal gewirkt, auch darin hat Gott gewirkt.“

Hatha Yoga, Pranayama und Tiefenentspannung können ein Weg zu tiefem Vertrauen sein. Dazu mehr im nächsten Beitrag beim Haus des Heilens.

 

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Meditationsanleitung zu Energie und Vertrauen von Sukadev Bretz

Sukadev Volker Bretz

Sukadev Volker Bretz ist Gründer und spiritueller Leiter von Yoga Vidya. Er versteht es wunderbar, tiefe Weisheit humorvoll weiterzugeben. Seine besondere Stärke ist es, Aspiranten zu intensiver Praxis zu motivieren, hinter allem einen höheren Sinn zu sehen und mehr Energie und Herz in den Alltag zu bringen. Er gibt regelmäßig Wochenendseminare zum Thema „Vertrauen“ und hat auch schon eine ganze Podcastreihe zu diesem Thema gegeben.

Der Artikel ist erschienen im Yoga Vidya Journal Ausgabe Nr. 41  II/2020

 

Das passt zu diesem Artikel: